Strategien zur Umsetzung der Nachhaltigkeit
Martin Aichholzer
Nachhaltigkeit wird als Wirksamkeit oder Wirtschaftlichkeit definiert. Es bedeutet den Versuch und die Umsetzung, ein gleiches Ziel mit weniger Aufwand und Ressourcen zu erreichen. Gesamtheitlich werden unter nachhaltigem Handeln folgende Zielvorstellungen definiert: Reduktion des Energieverbrauchs, des Wasserverbrauchs, des Materialeinsatzes, des Schadstoffausstoßes und des Abfalls sowie der Einsatz erneuerbarer Ressourcen.
Die Strategien zur Umsetzung von Nachhaltigkeit sind Effizienz, Konsistenz und Suffizienz. Effizienz bedeutet, ein gleiches Ziel mit weniger Aufwand und Ressourcen zu erreichen. In Zusammenhang mit Nachhaltigkeit wird oft von Ökoeffizienz gesprochen. Dies meint vor allem den geringen Einsatz von Rohstoffen und Energie, um eine Dienstleistung anbieten oder ein Produkt herstellen zu können.[1] Bezogen auf die Baubranche wird Effizienz insbesondere durch den Einsatz von technischen Innovationen, neuen Materialien und modernen Arbeitsweisen erreicht. Eine effiziente Bauabwicklung wird durch die Verwendung von Software zur Baustellendokumentation oder zur Kostenplanung verwirklicht.[2] Prozesse können automatisiert werden, womit Zeit gespart werden kann. Integrale Planung oder die Erstellung eines BIM-Models sind aufgrund der damit einhergehenden Zeitersparnis eine effiziente Art zur Bauprojektabwicklung.
Konsistenz beschreibt die Vereinbarkeit von Natur und Technik. Bezogen auf Bauprodukte bedeutet eine Vereinbarkeit besonders der Einsatz schadstofffreier Rohmaterialien, die eine sortenreine Trennung und die Rückführung in den technischen Kreislauf ermöglichen. Die Konsistenz-Strategie hängt sehr eng mit der Kreislaufwirtschaft zusammen und demnach auch mit dem Cradle-to-Cradle-Prinzip. Das Cradle-to-Cradle-Prinzip sieht unsere Städte und Bauwerke als Rohstofflager der Zukunft und fordert alle verwendeten Baumaterialien nach ihrer eigentlichen Nutzung weiter, wieder oder neu zu nutzen. Eine weitere Hauptforderung der Konsistenz-Strategie ist der naturverträgliche Einsatz von Materialien und Energie. Deren Umsetzung hieße für die Baubranche konkret, nur die Menge an Ressourcen der Erde zu entnehmen, die diese auch verkraften kann.
Die Konsistenz-Strategie bleibt aktuell jedoch eher ein theoretisches Konzept. Die klassische Zementproduktion beispielsweise zeigt, wie die Ausbeutung natürlicher Ressourcen ohne Rücksicht auf die Umweltauswirkungen immer noch stattfindet. Zur Herstellung von Zement und Beton werden große Mengen Sand benötigt. Dieser ist jedoch in den letzten Jahren immer knapper geworden. In einigen Gebieten dieser Welt, Marokko ist hierfür ein medial präsentes Beispiel, plündern organisierte Netzwerke deshalb Strände. So werden mehrere Millionen Kubikmeter Sand jährlich illegal abgebaut. Nicht nur wirkt sich der Sandraub negativ auf die Wirtschaft und den Tourismus des betroffenen Landes aus, sondern er hat oftmals auch katastrophale Umweltschäden zur Folge. Dünen und deren Vegetation verschwinden, Strände bestehen nur noch aus einer Steinlandschaft. Durch den fehlenden Sand können außerdem schwere Küstenerosionen einhergehen. Der fehlende Sand kann den ansteigenden Meeresspiegel nicht mehr abfangen oder die Bepflanzung der Küste schützen. Diese wird als Resultat ins Meer gespült. Die sogenannte Sandmafia ist auch für europäische Baustellen problematisch, vor allem wenn man das Material so günstig wie möglich einkaufen möchte oder muss. Der gestohlene Sand wird meistens weder gewaschen noch entsalzt und ist deshalb eigentlich ungeeignet für Bauwerke, da die Salze chemische Reaktionen hervorrufen.[3] Konsistenz fordert einen intelligenten Umgang mit Ressourcen, um auch für kommende Generationen eine lebenswerte Grundlage zu schaffen.
Das Thema Suffizienz beschäftigt sich mit dem Verhalten der Menschen selbst. Anders als die beiden vorherigen Strategien geht es bei der Suffizienz-Strategie vor allem um den Ressourcenverbrauch, der durch den eigenen Lebensstil verursacht wird. Insbesondere in der Wohnungs- und Immobilienbranche spielt das Thema Suffizienz eine immer größer werdende Rolle. Die steigende Einwohnerzahl in Städten bei gleichzeitig steigendem Flächenverbrauch pro Person erzeugt die viel diskutierte Wohnungsknappheit. Dabei liegt der Ursprung dieser Knappheit nicht ausschließlich an den begrenzten freien Flächen, sondern auch am steigenden Flächenbedarf pro Kopf. Gemeinschaftlich genutzte Flächen oder sogenannte Co-Housing-Anlagen bieten alternative Flächennutzungen. Die Sarg Fabrik in Wien beispielsweise ist Österreichs größtes selbstverwaltetes Wohn- und Kulturprojekt und zeigt damit eine andere Art von Flächennutzung. So leben zurzeit in den insgesamt 112 Wohneinheiten 200 Personen.[4]
Suffizienz fordert ebenso wie die anderen beiden Strategien einen intelligenten Umgang mit Ressourcen, jedoch bedeutet ihre Umsetzung einen deutlichen Einschnitt in die bisherigen Gewohnheiten. Dementsprechend kritisch stehen viele dieser Theorie gegenüber. Auch die Wirtschaft oder ein Unternehmen kann oft nicht suffizient mit Ressourcen haushalten, da die Gewinnmaximierung im Vordergrund steht.
[1] Huber, J.: Nachhaltige Entwicklung durch Suffizienz, Effizienz und Konsistenz. In: Peter Fritz et al.: Nachhaltigkeit in naturwissenschaftlicher und sozialwissenschaftlicher Perspektive. Stuttgart 1995, S. 31-46.
[2] Graf, J. (2020), Entflechtung von Wachstum und Ressourcenverbrauch. Bautechnik, 97: 108-115. https://doi.org/10.1002/bate.202000078 (Zugriff am 31.07.23)
[3] Tastet, E. (2019). Stealing beaches: A law and economics policy analysis of sand mining. LSU J. Energy L. & Resources, 7, 525.
[4] https://sargfabrik.at/wohnen/organisationsform (Zugriff am 31.07.23)
Merkmale von nachhaltigen Baumaterialien sind unter anderem Schadstofffreiheit, Kreislauffähigkeit, ein geringer ökologischer Fußabdruck und geringe Emissionen grauer Energie. Unter grauer Energie versteht man die (Primär-)Energie, die zur Rohstoffgewinnung, Herstellung, Transport sowie zur Entsorgung eines Produktes aufgewendet werden muss. Allgemein gilt ein Baumaterial als nachhaltig, wenn es aus einem schnell nachwachsenden Rohstoff besteht, regional gewonnen wird und dadurch nur geringe Transportwege zurückgelegt werden, wenn es wiederverwendet oder recycelt werden kann sowie in allen Lebenszyklusphasen wenig energieintensiv ist.
Alternative: Lehm
Lehm ist einer der ältesten Baumaterialien der Welt. Vor allem Fachwerkhäuser wurden mit Lehm verbaut, da es ein überaus beständiger Baustoff ist. Heute wird Lehm insbesondere in Form von Lehmputz aufgetragen. Lehmbauplatten zur Wandverkleidung sind ebenfalls möglich. Durch stetig verbesserte Aufbereitungs- und Verarbeitungstechniken kann Lehm heute ebenfalls wie Beton als Konstruktionsbaustoff verwendet werden. Zudem bindet Lehm Gerüche und sorgt für einen Luft reinigenden Effekt. Da Lehm bei Feuchtigkeit quillt, ist er vor allem für Innenräume, Wände und Putze geeignet. Wird er im Außenbereich angewendet, sollte ein konstruktiver Witterungsschutz miteingeplant werden. Lehm ist zudem vollständig wieder verwendbar. Im Vergleich zu Beton wird zur Herstellung und Verarbeitung von Lehm wesentlich weniger CO2, Wasser und Sand benötigt, da die Grundbestandteile wie Ton und Kies natürlich vorkommen.[5] Lehm wurde zum Beispiel als regional verfügbares Baumaterial beim ersten Passivhauskindergarten Österreichs in Ziersdorf, Niederösterreich, verwendet.[6]
Holz & Bambus
Eine weitere nachhaltige Möglichkeit, die Konstruktion eines Gebäudes zu erstellen, ist natürlich der Holzbau. Allgemein kann man über den Holzbau sagen, dass er besonders nachhaltig umgesetzt werden kann. Holz bindet CO2 und ist ein nachwachsender Rohstoff. Vor allem die Holzrahmenbauweise erspart bedingt durch einen hohen Vorfertigungsgrad nicht kalkulierbare Kosten und kann innerhalb kürzester Zeit errichtet werden. In den letzten 100 Jahren wurden die Verarbeitungstechnologien insofern verbessert, als dass mittlerweile sogar Holzhochhäuser errichtet werden. Das derzeit höchste Holzhochhaus der Welt steht in Norwegen, umfasst 18 Geschosse und ist 85 Meter und 40 Zentimeter hoch.[7]
Abb. 1: Wood Hotel – Das höchste Holzhochhaus in der Welt in Brumunddal, Norwegen.[8]
Darüber hinaus kann als nachwachsender Baustoff Bambus bezeichnet werden. Dieser wird vor allem in Asien und Lateinamerika verwendet und zählt eigentlich zu den Gräsern. Bambus hat ganz besondere Eigenschaften. Man spricht von Zugfestigkeiten wie Stahl und Druckfestigkeiten ähnlich denen des Betons. Dazu kommen eine besondere Biegsamkeit und das extrem schnelle Wachstum von bis zu einem Meter pro Tag. Durch seine besondere Härte ist die Verarbeitung jedoch durch hohen Werkzeugverschleiß geprägt. In den letzten Jahren wird vermehrt geforscht, wie Bambus als nachhaltiges Produkt massentauglicher gemacht werden kann.[9]
Zusätzlich zu den Konstruktionsmaterialien werden nachhaltige Dämmstoffe immer verbreiteter. Hierbei gelten Wolle, Stroh oder Hanf als die beliebtesten Materialien. Teilweise werden auch Kokosfasern oder Kork als nachhaltige Dämmstoffe bezeichnet. Jedoch müssen diese Dämmplatten lange Transportwege zurücklegen, was wiederum zu viel grauer Energie führt. Viele natürliche Dämmmaterialien wie Stroh oder Schilf haben dagegen schlechtere Dämmwerte oder eine geringere Feuerwiderstandsklasse.
Kann Beton nachhaltig sein?
Beton besteht zu einem großen Teil aus Zement. Dieser muss heiß gebrannt werden und stößt bei der Herstellung extrem viel CO2 aus. Aufgrund dessen ist Beton absolut kein nachhaltiger Baustoff. Trotzdem ist Beton ein Baustoff mit wichtigen Eigenschaften, kurzer Zutatenliste und einfacher Herstellung. Daher werden auch in diesem Bereich immer neue Lösungen erdacht und neue Produkte entwickelt. Die naheliegendste Lösung ist die Verwendung von recyceltem oder ressourcenschonenden Beton. Bei diesem Produkt wird der Betonmasse abgebrochener Bauschutt aus Beton, Mauersteinen oder Betonprodukten zugeführt.[10] Trotzdem wird weiterhin Zement als Bindemittel verwendet. Durch die Beigabe von Hütten, Sand und anderen Füllstoffen kann der erforderliche Anteil des Zements im Beton zumindest reduziert werden.
[5] Lechner, R., Fechner, J., & Lipp, B. (2005). Qualitätsprofil „nachhaltiges Bauen“. Haus der Zukunft, Wien.
[7] https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Hochhaus_in_Norwegen_von_Voll_Arkitekter_6945806.html
[8] https://www.visitnorway.de/listings/wood-hotel-in-brumunddal/211121/
[9] Wilkinson, P. (2013). Grüne Architektur. In: 50 Schlüsselideen Architektur. Springer Spektrum, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-8274-3066-3_51
[10] Haist, M., Bergmeister, K., Curbach, M., Forman, P., Gaganelis, G., Gerlach, J., Mark, P., Moffatt, J., Müller, C., Müller, H.S., Reiners, J., Scope, C., Tietze, M. and Voit, K. (2022). Nachhaltig konstruieren und bauen mit Beton. In BetonKalender 2022 (eds K. Bergmeister, F. Fingerloos and J.-D. Wörner). https://doi.org/10.1002/9783433610879.ch7
Der Bausektor hat einen erheblichen Einfluss auf das Klima. Etwa ein Drittel des weltweiten Energieverbrauchs wird durch die Baubranche verursacht. 2019 war sie für 40 % der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich, davon etwa 7 % aus der Betonindustrie.
Abb.2: Jährliche weltweite CO2-Emission[11]
Zusätzlich ist die Branche für 12 % des globalen Wasserverbrauchs und 40 % des weltweiten Abfallaufkommens verantwortlich. Einem Bericht der UN zufolge aus dem Jahr 2020 erreichten die Emissionen der Bauindustrie und der Energieverbrauch von Gebäuden den höchsten gemessen Stand.[12] Das Potenzial, mit Änderungen im Bausektor und allgemein in der Baubranche eine signifikante Wirkung auf den Klimawandel und die Ressourcenknappheit zu haben, ist enorm. Das Thema Energie spielt im Zusammenhang mit dem Klimawandel eine wichtige Rolle. Um die Energiewende zu bewältigen, wurde das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Deutschland im Jahr 2000 für den Ausbau der erneuerbaren Energien eingeführt.[13] Mit dem EEG sollte der Ausbau und der Betrieb von erneuerbaren Energieanlagen gefördert werden, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern. Ziel der zuletzt überarbeiteten Fassung von 2021 ist es, den Anteil an erneuerbaren Energien am Stromnetz bis 2050 auf mindestens 80 % zu steigern. In Österreich ist das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (kurz EAG) eingeführt worden mit dem Ziel, den Anteil der erneuerbaren Energien an der österreichischen Stromproduktion bis 2030 auf 100 % zu steigern und bis 2040 die Klimaneutralität des Landes zu erreichen.[14] Das EWG (Erneuerbaren-Wärme-Gesetz) von 2022 stoppt den Einbau von Gasheizungen in Neubauten in Österreich. Allgemein legt es einen Ausstieg aus fossilen Heizungen bis zum Jahr 2040 vor.[15] Um den fortschreitenden Klimawandel entgegen zu schreiten, seien die vorliegenden Gesetzesvorlagen jedoch zu schwach. Die Anforderungen richten sich an Neubauten, eine verpflichtende Modernisierung des Gebäudebestandes bleibt aus. Um das Klimaziel 2040 zu erreichen, müssten die Modernisierungen bzw. Regulationen der aktuellen Gebäudebestände überarbeitet werden.
[11] https://architecture2030.org/why-the-building-sector/
[12] UN. “Building Sector Emissions Hit Record High, but Low-Carbon Pandemic Recovery Can Help Transform Sector – UN Report,” 2020. https://www.unep.org/news-and-stories/pressrelease/building-sector-emissions-hit-record-high-low-carbon-pandemic
[13] Bardt, H., Niehues, J., & Techert, H. (2012). Das Erneuerbare-Energien-Gesetz–Erfahrungen und Ausblick. Bericht an die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. IW, Köln, 30.
[14] https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20011619
[15] https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/ME/212#tab-Uebersicht?selectedStage=100
Um nachhaltige Technologien und Produkte für Gebäude einzusetzen, ist es wichtig, eine projektspezifische Gebäude- und Standortanalyse durchzuführen. Bei der Gebäudeanalyse sollte der Gebäudetyp und die geplante Nutzung berücksichtigt werden. Je nach Nutzung und deren Intensität können unterschiedliche Materialien und Baustoffe zum Einsatz kommen. Zum Beispiel sollten in hochfrequentierten Gebäuden wie Schulen strapazierfähige Materialien verwendet werden, während im Wohnungsbau eher unbehandelte Produkte Verwendung finden können.
Die Standortanalyse betrachtet die klimatischen und umgebungsbezogenen Verhältnisse am Projektstandort. Diese Faktoren beeinflussen den Energiebedarf, die Witterungsbeständigkeit und die Langlebigkeit des Gebäudes. Zum Beispiel kann der Einsatz von Holz in erdbebengefährdeten Gebieten vorteilhaft sein, da Holz hohe Festigkeiten erreicht und dennoch leicht und stabil ist. Es ist jedoch wichtig, den Einsatz nachhaltiger Technologien und Materialien entsprechend den gegebenen Bedingungen zu bewerten. Bei der Standortanalyse ist auch zu berücksichtigen, welchen Charakter und welche Bedeutung das Gebäude für den Standort hat. Ein größeres Gebäude kann politisch oder öffentlichkeitswirksam sein, was eine Entscheidung für nachhaltige Materialien beeinflussen kann. Ein Bauwerk kann den Standort aufwerten oder abwerten und somit die Baugenehmigung beeinflussen. Prestigebauten, die eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit erhalten, sollten eine Vorbildfunktion erfüllen und nachhaltige Produkte einsetzen. Der Einsatz von nachhaltigen Technologien und Materialien hängt also von verschiedenen Einflussfaktoren ab, wie der Nutzung des Gebäudes, den klimatischen Bedingungen und dem Standort. Eine ganzheitliche und langfristige Betrachtung ist dabei entscheidend, um nachhaltiges Bauen zu ermöglichen.
Pflanzen wirken sich positiv auf den Menschen, sein Wohlbefinden und indirekt auch auf dessen Gesundheit aus. Sie sorgen dafür, dass Insekten oder Vögel auch in Städten einen Lebensraum finden, und sind deshalb für Menschen wie Tiere relevant. Zudem kühlen Pflanzen im Sommer die Städte durch die von Bäumen erzeugte Verschattung, so heizen sich die vielen versiegelten Straßen nicht zusätzlich auf. Auch an der Fassade wirkt der passive Kühlungseffekt.[16] Begrünte Dächer können als Rückhaltevorrichtungen bei starken Regenfällen fungieren. Zusätzlich binden Pflanzen Luftschadstoffe und sorgen für eine bessere Luftqualität. Begrünung kann an unterschiedlichen Bauteilen angebracht werden. Im Außenbereich ist die Fassadenbegrünung eine beliebte Möglichkeit. Im Winter ergibt dies einen Wärmeeffekt und im Sommer einen Kühlungseffekt. Zusätzlich können Fassadenbegrünungen einen gewissen Lärmschutz leisten.[17]
Konstruktiv gibt es zwei Arten von Fassadenbegrünungen: Die rankende Fassade und die Begrünung als flächige Bepflanzung. Durch bodengebundene Kletterpflanzen erzielt man die rankende Fassade. Hierbei werden die Pflanzen direkt in den Boden oder in Pflanztröge gesetzt und beispielsweise mit Hilfe einer Stahlseilvorrichtung oder an Netzen geführt. Die Pflanzen klettern an diesen Stahlseilen am Gebäude empor. Diese Art der Fassadenbegrünung ist besonders pflegeleicht, da die Pflege und Bewässerung vom Boden aus erfolgen kann. Demnach halten sich der Wartungsaufwand und die erforderlichen Kosten in Grenzen. Dennoch sollte ein Pflegekonzept durch den Landschaftsarchitekten erarbeitet werden.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Begrünung als flächige Bepflanzung, also einen vertikalen Garten oder Living Wall, auszubilden. Bei einer Living Wall, auch als Pflanzenwand bezeichnet, werden Pflanzen auf und in speziellen Modulen kultiviert. Diese Module werden in Rahmenkonstruktionen eingespannt oder auf Trägerkonstruktionen aufgebracht und anschließend an der Fassade befestigt. Diese Art der Bepflanzung erzeugt oft einen geschlossenen ästhetischen Charakter und erinnert an hängende Gärten. Die Pflanzen können jedoch nicht vom Boden aus gepflegt und bewässert werden. Die Versorgung mit Wasser und Nährstoffen erfolgt über eine integrierte, automatisch gesteuerte Bewässerungsanlage. Diese erzeugt zum einen höhere Kosten, zum anderen bedingt sie einen etwas höheren Wartungsaufwand.
In beiden Fällen wird eine Art vorgehängte Fassade gebildet, bei der die Pflanzen nicht direkt mit der Bausubstanz in Verbindung stehen. Dadurch wird vermieden, dass die Pflanzen die Fassade oder den Putz angreifen. Zudem ist bei der Planung von Fassadenbegrünung der Standort des Gebäudes und dessen klimatische Umgebung und Ausrichtung besonders zu beachten. Darauf müssen die eingesetzten Pflanzenarten, das Bewässerungssystem und die Pflege abgestimmt werden.
Abb. 3: Kletterpflanzen in Trögen als lineares Regalsystem in der Grabnerstraße, Wien
Eine weitere Möglichkeit zur Begrünung im Stadtbereich bildet die Dachbegrünung. Die Dachbegrünung kann in unterschiedlichen Intensitäten erfolgen und hat eine isolierende Wirkung. Man unterscheidet allgemein in extensive und intensive Dachbegrünungen.[18] Auf extensiv begrünten Flachdächern kommen vor allem Gräser, Kräuter, Moose und Sukkulenten zum Einsatz. Diese sind leicht zu pflegen, sodass sie sich weitgehend selbst erhalten und weiterentwickeln. Auch die Bewässerung ist nicht sehr aufwendig, da diese Pflanzenarten mit wenig Wasser auskommen. Intensive Dachbegrünungen werden oftmals als Dachgarten bezeichnet. Hier finden sämtliche Bepflanzungen wie Sträucher, Bäume und sogar ganze Rasenflächen Anwendung. Eine intensive Dachbegrünung muss jedoch regelmäßig bewässert, geschnitten und gepflegt werden.
[16] Schmidt, K., & Poppendieck, H. H. 5.1 Pflanzenreaktionen auf das Stadtklima.
[17] Dube, J. Handbuch grüne Wände: an die Wände-fertig-grün!: Hamburger Fassadenbegrünung.
[18] Port, L. and Goeke, J. (2019), Thermische Analyse einer Dachbegrünung mit Moosmatten. Bauphysik, 41: 233-242. https://doi.org/10.1002/bapi.201900021
Durch Erstellung von Lichtkonzepten, die eine natürliche Verschattung und Tageslichtlenkung ermöglichen, kann nicht nur Energie gespart werden, sondern generell eine höhere Effizienz erzielt werden. Simple Methoden wie das etwas höhere Platzieren eines Fensters ermöglichen eine bessere Lichtausbeute in einem Raum.
Bei der Energiegewinnung von Gebäuden im Allgemeinen sollte der Fokus auf regenerative Energiequellen wie Sonne, Wind, Wasserkraft oder Erdwärme gesetzt werden. Eine Möglichkeit, Photovoltaik zur Stromerzeugung zu nutzen, ist die Technologie der Indach-PV-Anlage. Solarpaneele werden direkt in die Dachhaut integriert und ersetzen an dieser Stelle die Dacheindeckung, also die Dachziegel. Es entsteht eine sehr homogene Dachoptik, da die Paneele auch in unterschiedlichen Farben wie beispielsweise Schwarz oder Ziegelrot erhältlich sind. Befestigt werden die Solarmodule direkt auf den Dachlatten, es ist also keine Unterkonstruktion nötig. Zu beachten ist, dass eine Indach-PV-Anlage meist etwas höhere Kosten verursacht. Eine weitere Option, Photovoltaik zur Energieerzeugung am Gebäude zu nutzen, sind Photovoltaik-Dachziegel. Hierbei sieht das Photovoltaik-Paneel tatsächlich aus wie ein Dachziegel.
Abb.4: Photovoltaik-Dachziegel[19]
Geothermie bezeichnet die unter der Erdoberfläche gespeicherte Erdwärme. Es wird also ähnlich wie bei der Solarenergie natürlich vorkommende Wärme genutzt. Im Unterschied zur Solarstrahlung ist die Erdwärme jedoch immer vorhanden und komplett unabhängig von Witterungsverhältnissen. Oberflächennahe Geothermie kann zur Beheizung und Kühlung von Gebäuden, technischen Anlagen oder Infrastruktureinrichtungen genutzt werden. Geothermie ist nachhaltig, weil die Wärme in zunächst unerschöpflichem Maß bereits natürlich vorkommt. Sie muss nicht erst wie im Falle von fossilen Brennstoffen durch Verbrennung erzeugt werden. Bei der Verbrennung wird CO2 und Rauchgas freigesetzt, dieses entfällt bei der Nutzung von Erdwärme.