dämmstoffe aus nawaros (außer stroh)
Erwin Schwarzmüller
Neben Stroh gibt es noch eine Vielzahl anderer nachwachsender Rohstoffe. Österreichische Marktvertreter*innen in diesem Feld sind zum Beispiel die Firma Villgrater Natur oder Lehner Wolle mit ihrer Linie Isolena für Dämmung aus Schafwolle. Einige Dämmstoffe entstanden als Koppelprodukte aus der Fleisch- und Milchproduktion, während andere extra als Dämmung entwickelt wurden. Zu diesen Dämmstoffen gehören die Produkte aus Holzwolle von Steico oder Heraklith, die Firma Synthesa mit der Capatect Hanfdämmplatte und Naturfaser-Fölser mit Flachsdämmung.
Es bestehen große Unterschiede beim Marktzugang der verschiedenen Dämmstoffe. Die meisten Produkte haben eine intensive Forschung hinter sich und können nun industriell produziert werden – mit ihrer Zulassung hat sich der Marktzugang geöffnet. Bei Stroh hingegen geschah dies deutlich später als bei anderen Dämmstoffen. Die Verarbeitung erfolgt mit handwerksüblichen und vertrauten Techniken und das Marketing läuft gemeinsam mit marktüblichen Produkten, die von den gleichen Firmen hergestellt werden, z.B. Mineralwolledämmung. Zudem bestehen modulare Systeme mit Zulassungen in diversen Anwendungsbereichen wie Ausfachdämmung, WDVS und druckbelastbare Dämmung. Durch die industrielle Produktion werden die meisten Dämmstoffe in Normenausschüssen und Wirtschaftsverbänden vertreten und können mit Umweltzeichen werben.
Oft wird die Ökologie bei nachwachsenden Dämmstoffen durch die Verarbeitungstiefe, den Transport und die chemische Ausstattung wesentlich verschlechtert. Ein konkretes Beispiel: Holzwolledämmplatten erzeugen einen hohen Anteil grauer Energie durch ihre Verarbeitung, da das Auffasern und mit Wasser und Bindemittel verdichten sehr energieintensiv ist. Der Vorteil der CO2 Bindung des Dämmstoffes geht somit häufig in der Produktion verloren. Zudem sind bei WDVS häufig Stützfasern oder Zusatzchemie zur Bindung notwendig. Systeme aus Flachs können zum Beispiel mit Stützfasern aus Maisstärke versehen werden, welche im Gegensatz zu Stützfasern aus Polyolefinen, biologisch abbaubar sind. Da die meisten Dämmstoffe nicht deponiefähig sind, ist es wichtig, bereits in der Planung auf leichte Trennbarkeit zu achten oder Dämmstoffe einzusetzen, die verrottbar sind. Ein gutes Beispiel bilden mineralisch-gebundene Holzwolle-Platten (zB. Heraklith) Diese bestehen zwar zu über 90% aus Holzschnitzeln, werden aber mit mineralischen Bindemitteln aus Zement oder Magnesium gebunden und sind nicht ohne weiteres trennbar, oder deponierbar und aufgrund des hohen Brandwiderstands schwer thermisch verwertbar, wodurch die Entsorgung problematisch wird.
Meistens sind für nachwachsende Dämmstoffe zusätzliche Anbauflächen notwendig und stehen in Konkurrenz zur Nahrungsmittel- oder Energieproduktion. Bei Holz müssen lange Umtriebszeiten von 60-80 Jahren berücksichtigt werden (bei Nadelhölzern). Darüber hinaus entsteht ein hoher Aufwand für das Fasern, Verbinden und Trocknen.
Andere Stoffe haben Verfügbarkeitsengpässe, z.B. Kork, Kokos und Schilf. Ersteres wird, aufgrund des enormen Preisanstiegs kaum noch als Dämmstoff eingesetzt. Bei Kokos gibt es zwar weltweit eine hohe Produktion, aber nach Österreich müssen lange Transportwege in Kauf genommen werden. Schilf ist kein Dämmstoff im eigentlichen Sinne, er dient eher als Putzträger, wobei nur 10% des österreichischen Bedarfs aus der heimischen Produktion (Neusiedler See) gedeckt werden – die übrigen 90% müssen importiert werden und verursachen somit hohe Transportintensitäten.
Neben den genannten Rohstoffen gibt es noch einige aus der Natur verfügbare Stoffe, die jedoch keine nachwachsenden Rohstoffe sind. Zu ihnen gehören Perlit und Vermiculit oder Recyclingstoffe, die aus dem Recyclingkreislauf der Städte stammen. Die Firma Stauss bietet expandiertes vulkanisches Gestein mit Wassereinschlüssen an, welches ökologisch sehr gut ist, aber den Nachteil hat, dass es aus ehemaligen Vulkangebieten wie z.B. Italien transportiert werden muss. Das Gestein wird mit Energie aufgeheizt und expandiert und ist je nach Ausstattung auch wasserbeständig oder druckfest, allerdings als Dämmstoff unbrennbar. Das Mineral Vermiculit findet vor allem im Hochtemperaturbereich Anwendung und wird im Baubereich selten eingesetzt. Ein interessanter Dämmstoff ist Schaumglasschotter beziehungsweise Platten aus Schaumglas, wobei die Platten häufig im hochpreisigen Segment angesiedelt sind und daher nur selten zur Anwendung gelangen, beispielsweise als hochbelastbare Dämmung.
Hochofenschlacke wurde in der Vergangenheit recht häufig genutzt, sowohl als Zuschlagstoff in den Baustoffen selbst als auch in Schüttungen; jedoch aufgrund der schlechten Dämmwerte und der auslaugbaren Stoffe wird es heute kaum mehr verwendet.
Vorteile der Nicht-NAWAROs:
Die meisten sind unbrennbar, chemisch beständig und somit inert deponierbar. Je nach Ausstattung sind sie nicht feuchteaufnehmend – sprich für den Einsatz im Perimeterdämmbereich geeignet. Zudem zeichnen sie sich oft durch hohe Druckfestigkeit aus. Die Nachteile liegen in der energieintensiven Herstellung sowie der Transportintensität und bei einigen, die schwierige Wiedernutzbarkeit, wenn sie nicht sortenrein getrennt und daher nur als Schüttung für Straßenbauvorhaben oder ähnliches verwendet werden können. Ein Teil ist nicht deponiefähig, wie z.B. Perlit, weil es zu leicht ist und einige fallen negativ durch ihre lungengängige Staubentwicklung bei Produktion, Einbau und Entsorgung auf.